Aufführung 2016

Schwäbische Zeitung vom 05.06.2016 / Helmut Voith

Kunterbunte Begegnungen am Bahnhof

Theater-AG des Montfort-Gymnasium feiert heute Premiere mit „Wer versteht hier Bahnhof?“

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Die Theater-AG des Montfort-Gymnasiums spielt wieder: Am Bahnhof begegnen sich Obdachloser, Weltverbesserin, DB-Angestellte und drei verkaterte Junggesellen.

Mit dem köstlichen Comedy-Stück „Wer versteht hier Bahnhof?“ von Thorsten Böhner, das heute Abend Premiere feiert, ist der Theater-AG des Montfort-Gymnasiums unter der Regie von Antje Prospero wieder ein großer Wurf gelungen. Die Schwäbische Zeitung durfte bei der Generalprobe dabei sein.

Durchsagen schnarren, Räder quietschen, Rollkoffer holpern, Handygespräche schwirren durch die Luft. Mitten durch die Zuschauermengen streben Menschen eilig dem Bahnhof zu. Bahnhöfe sind wie Hotels Orte, an denen die unterschiedlichsten Menschen aufeinander treffen: die Bedienstete am Schalter, die Putzfrau, der Obdachlose und die flüchtigen Besucher: Fahrgäste und Menschen, die sie an den Zug bringen oder dort abholen. In skizzenhaften Porträts gibt ihnen der Autor ein Gesicht, spannende Konstellationen entstehen. Szenen zum Schmunzeln, die nur zu bekannte Typen aufs Korn nehmen, aber nicht bloßstellen. Und mancher Knoten, der entsteht, löst sich nach der Pause.

Wenn Tettnang gar zum ICE-Halt aufgewertet wird, steigt das Interesse: Was für Leuten werden wir begegnen? Sonst hat die Theater-AG nichts Grundlegendes an der Vorlage verändert. Der Plan, in einer Rahmenhandlung Flüchtlinge zu integrieren, wurde fallen gelassen, die Hürden waren zu hoch.

Neue starke Mannschaft

Nachdem viele Spieler im letzten Jahr die Schule nach ihrem Abitur verlassen haben, hat sich eine neue starke Mannschaft gebildet. Dabei war der Zulauf so groß, dass es für Antje Prospero gar nicht so leicht war, ein rollenreiches Stück für 23 Spieler zu finden, dazu mit vielen männlichen Spielern. Ein sicheres Zeichen dafür, dass die Gruppe als sehr attraktiv gilt – eine Ausnahme, wo anderswo meist Männermangel herrscht. Gespielt wird wieder in der Aula des Gymnasiums, aber nicht nur auf der Bühne. Zu beiden Seiten ragen Stege mit Wartebänken ins Publikum, das so hautnah am Geschehen sitzt und gelegentlich mit einbezogen wird. Die Akteure sind mit sichtlichem Spaß dabei, ohne übers Ziel hinauszuschießen. Sie sind schon bei der Probe erstaunlich textsicher, entfalten den richtigen Schwung. Schlag auf Schlag kreuzen sie sich, gehen wieder auseinander.

Angesichts der vielen Rollen – bei 23 Spielern sind noch manche Doppelrollen dabei – verbietet es sich, Einzelne besonders herauszuheben. Hier ist beste Teamarbeit zu sehen. Köstlich, wie sie in ihre Rollen schlüpfen: die drei Noch-Junggesellen, die zum Abschied noch richtig einen draufgemacht haben und erst wieder im richtigen Leben ankommen müssen, heulende Bräute – wer lässt sich gerne beim Standesamtstermin versetzen? –, das Muttersöhnchen, das das Leben entdeckt, die Politikerin, die über Leichen geht, das Ehepaar, bei dem der Mann den Aufstand probt, ein eitler Gigolo, geschäftstüchtige Huren, die manchen den Kopf zurechtrücken. Keine Angst: Es wird nie anstößig, aber immer intensiv. Ruhende Pole sind die in sich ruhende Putzfrau, der Obdachlose, der bessere Tage erlebt hat, die Bahnangestellte mit Privatleben. Ein buntes Kaleidoskop, das einfach Spaß macht, auch dank Bühnenbild, Technik, herrlich stimmigen Kostümen, Maske und all den Helfern hinter der Bühne.

Premiere war am 6. Juni, weitere Aufführungen am 8. und 10. Juni 2016, jeweils 20 Uhr.


Südkurier, 08.06.2016

Tettnang hat wieder Anschluss an die Bahn

...zumindest in den Aufführungen der Theater-AG des Montfort-Gymnasiums: In Thorsten Böhners Komödie "Wer versteht hier Bahnhof?" spielt sich zwischen den Gleisen das pralle Leben auf

Diese drei Grazien (von links: Marcel Carli, Alexandra Zick und Lea Vass) möchten den Reisenden am Tettnanger Bahnhof die Wartezeit auf ganz spezielle Weise versüßen. Bild: Schwier

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Wo ist der Schuft? Braut Franka (Leonie Brugger) fordert die Herausgabe ihres abtrünnigen Bräutigams. Penner Siggi (Johannes Grass) beobachtet alles aus sicherer Warte. Von links: Stefan Baur, Sebastian Arnegger und Mattis Holland. Bild: Schwier

Am Bahnhof in Tettnang kommt es zu den skurillsten Begegnungen. Hier erzählt Penner Siggi (Johannes Grass) der verlassenenen Braut Franka (Leonie Brugger) aus seinem früheren, bürgerlichen Leben. Bild: Schwier

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Für sie ist der Bahnhof Tettnang zur zweiten Heimat geworden: Bahnangestellte Irina (Zoe Avanzini), Putzfrau Gathe (Theres Dick), Penner Siggi (Johannes Grass) und Bordsteinschwalbe Nancy (Alexandra Zick). Bilder: Schwier

Bahnhöfe sind Transitorte. Durchgangsstationen. Ähnlich wie im Hotelfoyer oder in der Abflughalle treffen hier die unterschiedlichsten Menschen für einen kurzen Moment aufeinander ohne einander bewusst wahrzunehmen. Ein ständiges Kommen und Gehen. Jeder hat seinen persönlichen Fahrplan im Kopf. Die Gefühlspalette reicht von überschwänglicher Wiedersehensfreude bis hin zum tränenreichen Abschiedsschmerz. Ankunft oder Abschied, hektische Eile oder nervenaufreibendes Warten – hier findet sich alles.

Am Montagabend verfügte auch Tettnang endlich wieder über solch einen spannenden Ort. Für zwei Stunden war die Hopfenstadt an das internationale Schienennetz angeschlossen, verfügte gar über einen ICE-Halt. Der Bahnhof Tettnang lag dabei in der Aula des Montfort-Gymnasiums. Hier feierte die Theater-AG Premiere mit Thorsten Böhners Stück „Wer versteht hier Bahnhof?“.

Mit der Wahl dieser temporeichen Komödie hat Regisseurin Antje Prospero wieder einmal alles richtig gemacht. Mit feinem Gespür hat sie eine Geschichte ausgesucht, die vor allem durch zahlreiche komische Elemente besticht und zum Lachen anregt, aber durchaus auch einige ernste Töne anschlägt.

Schlag auf Schlag reiht sich Szene an Szene. Jede für sich gewährt einen kurzen, teils entlarvenden Blick auf das Leben der Bahnreisenden. Ehrgeizige Politikerin, verklemmtes Muttersöhnchen, schmieriger Gigolo oder versnobte Familie – die gesamte gesellschaftliche Bandbreite wird abgedeckt. Das Publikum in der voll besetzten Aula honorierte das leidenschaftliche Engagement und die Spielfreude der 23 Laienschauspieler nicht nur am Ende mit frenetischem Beifall, sondern ließ sich auch immer wieder zu spontanem Szenenapplaus hinreißen.

Kaum hatten die Besucher ihren Platz in dem Zuschauerraum eingenommen, fanden sie sich auch schon inmitten eines normalen, hektischen Bahnhofalltags wieder. Von allen Seiten stoben die Passagiere bewaffnet mit Trolley, Handy oder Coffee- to- go in Richtung Bühne. Hier befand sich der Hauptbahnhof Tettnang mitsamt Fahrkartenschalter, Wartebank und Toiletten. Links und rechts von der Bühne ragten zwei lange Bahngleise bis in die Zuschauerreihen. Widerstand zwecklos, der ein oder andere Besucher mutierte alsbald unfreiwillig zum Nebendarsteller. Entweder musste er den Totenkopf des Hamlet rezitierenden Schauspielaspiranten auf dem Weg zum Vorsprechtermin (Moritz Dornseiff) halten oder aber sich mit der Burnout-gefährdeten Geschäftsfrau (Patricia Blank) um einen Kaffeebecher streiten.

Auf der Bühne erwachten derweil drei junge Kerle (Stefan Baur, Mattis Holland und Sebastian Arnegger) nach durchzechter Nacht langsam wieder zum Leben. Junggesellenabschied haben sie gefeiert und den vermeintlichen Bräutigam in ein Schweinchenkostüm gesteckt. Doch wo ist die Braut und wann war nochmal die Trauung? Die männerlose Braut Franka scheint nur auf den ersten Blick die passende Lösung. Absolut sehens- und vor allem hörenswert, wenn Heulboje Leonie Brugger ihre Sirene anwirft.

Für Putzfrau Gathe (Theres Dick), Servicekraft Irina (Zoe Avanzini), Penner Siggi (Johannes Grass) und Bordstein-schwalbe Nancy (Alexandra Zick) ist der Bahnhof längst zur zweiten Heimat geworden. Sie behielten selbst bei all dem hektischen Trubel stets den Überblick.

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