Theater-AG betritt Neuland
Die Theater-AG des MGTT spielt „Jugend ohne“: Strenge Auswahlkriterien herrschen im „Qualification Camp“. (Foto: Helmut Voith)
Premiere war am 25. Juni 2018 in der Aula des MGTT. Weitere Vorstellungen gab es am 27. und 29. Juni, jeweils um 19.30 Uhr.
Die Theater-AG des Montfort-Gymnasiums unter der Leitung von Antje Prospero ist immer wieder für Überraschungen gut. Die Schwäbische Zeitung durfte bei der Generalprobe des neuen Stückes „Jugend ohne“ zusehen, am Montagabend findet in der Aula des Gymnasiums die Premiere statt. „Jugend ohne Gott“ ist der Titel eines der wenigen Romane des als Dramatiker berühmt gewordenen Autors . Darin berichtet ein Lehrer von einer Schulklasse in einem totalitären Regime, das zielstrebig den Zugang zum Einzelnen sucht, alle gleichschalten will. Eine sehr brisante Vorlage von 1937, und noch immer aktuell in verschiedenen Teilen der Welt. Zweimal wurde der Roman verfilmt. Die Theater-AG hat sich mit den vorhandenen Vorlagen intensiv auseinandergesetzt, ein Schreibteam von fünf Schülerinnen mit Antje Prospero hat auf dieser Basis eine eigene Fassung erarbeitet, die das Geschehen ins Jahr 2033 verlegt. Nicht mehr der Lehrer, sondern die Schüler stehen hier im Mittelpunkt, eine „Jugend ohne“ – ohne was, bleibt offen: ohne Freiheit, ohne Perspektive, ohne Emotionen... Damit alle mitspielen konnten, wurden noch neue Rollen eingefügt. Erstaunlich ist der hohe Männeranteil auf einem Gebiet, das zunehmend eine weibliche Domäne geworden ist. Man benutzte das Vorhandene quasi als Steinbruch, integrierte ausgewählte Teile der Handlung nahtlos in ein neues Umfeld. Das Feriencamp zur vormilitärischen Ausbildung wurde zum „Qualification Camp“: Mit harten Methoden sollen die Fähigsten, sprich die Angepasstesten, für eine Eliteuniversität ausgewählt werden. Intellektuelle und sportliche Höchstleistungen sollen sie bringen, perfekt funktionieren, aber nicht eigenständig denken: „Wer nicht in die Norm passt, muss weg.“ Als Konkurrenten leben sie im Camp auf engstem Raum zusammen, haben zunehmend Schwierigkeiten, sich zu ertragen. Zacharias führt ein Tagebuch, das er argwöhnisch bewacht. Als es doch jemand gelesen hat und die Mitbewohnerin, die er verdächtigt, tot aufgefunden wird, gerät er unter Mordverdacht.
Gerichtsverfahren sorgt für Spannung
Mit Mitteln des Krimis wird der Fall rekonstruiert, in den auch eine Gruppe Jugendlicher hineinspielt, die aus einem Erziehungslager ausgebrochen ist. Gerichtsverfahren sind seit alters ein bewährtes Mittel, im Publikum Spannung aufzubauen, das funktioniert auch hier. Großartig, wie in Verhören und Rückblenden der Mikrokosmos der beiden Gruppen mit dem Makrokosmos der großen Welt in Verbindung gebracht wird. Alle stehen unter Leistungsdruck, echte Individualität lässt sich nicht mehr leben. Die Spieler gewinnen hier grundlegende Erkenntnisse durch Hinterfragen der Realität und in ungemein dichtem, intensivem Spiel gelingt es ihnen, dies dem Publikum zu vermitteln. Mit der Erarbeitung einer eigenen Produktion wurde hier absolutes Neuland betreten, wurde Theater nicht durch auswendig gelernte Rollen, sondern durch das eigene Gestalten erfahren. Schultheater kann mehr sein als das, was man gemeinhin darunter versteht. Es ist hier spannender, auch anstrengender und insgesamt großartiger. (H. Voigt)